Meldungen aus dem Landesverband Schleswig-Holstein
Meldungen aus dem Landesverband Schleswig-Holstein

Appell für Aussöhnung und Völkerverständigung

Zentrale Gedenkstunde zum Volkstrauertag in Schleswig-Holstein unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine

Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt im Kieler Landtag. Landtagspräsidentin Kristina Herbst spricht das traditionelle Totengedenken

„Mit dem Volkstrauertag geht ein nicht endender Auftrag an Gesellschaft und Politik einher: Niemals zu vergessen und niemals in den Bemühungen um Aussöhnung und Völkerverständigung nachzulassen.“  Mit diesen Worten nahm Landtagspräsidentin Kristina Herbst bei der zentralen Gedenkstunde des Landes zum Volkstrauertag Politik und Gesellschaft in die Pflicht.

Landtag, Landesregierung und Volksbund hatten wie in den Vorjahren wieder zur zentralen Gedenkstunde in den Plenarsaal des Landtages eingeladen.

Parlamentspräsidentin Kristina Herbst, die auch Schirmherrin des schleswig-holsteinischen Volksbundes ist, hielt dabei die Gedenkrede. Seit über 100 Jahren sei der Volkstrauertag der wichtigste Gedenktag für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, sagte Herbst. „Und der Tag schließt alle mit ein: Soldatinnen und Soldaten, Zivilistinnen und Zivilisten, Opfer von Vertreibungen und Unterdrückung, geflüchtete Menschen und die ermordeten Menschen der NS-Diktatur und anderer Gewaltherrschaften. Ihrer gedenken wir heute und in Zukunft.“
 

Inständiger Wunsch nach Frieden

Der Volkstrauertag sei aber auch ein Tag der historischen Wahrheiten, betonte die Landtagspräsidentin. „Diese Wahrheiten schmerzen, aber sie sind notwendig. Die Wahrheit ist, dass sich mitten in Europa heute wieder militärische Fronten aufbauen und täglich Menschen in einem Krieg ihr Leben lassen.“ Der russische Angriffskrieg in der Ukraine mache den Leitsatz des Volksbundes „Versöhnung über den Gräbern“ nicht nur aktueller denn je, hob Herbst hervor. Der gegenwärtige Krieg reiße neue Wunden in das Herz Europas, ein guter Teil der Versöhnungsarbeit erscheine vergebens. „Aber das Gegenteil ist der Fall: Die über 100 Jahre währende Versöhnungsarbeit führt uns vor Augen, wieviel wir in den vergangenen Jahrzehnten erreicht haben, wie wertvoll das ist und wie wichtig, dass wir es wiedererlangen,“ unterstrich die Präsidentin.

Zur Wahrheit gehöre auch, dass Europa zwei Weltkriege und einen „kalten Krieg“ überwunden habe und die Menschen zu einem friedlichen Miteinander gefunden hätten. „Das sollte uns für die Zukunft hoffen lassen. Lassen Sie uns den heutigen Tag auch mit dem inständigen Wunsch verbinden, dass dieser bis vor kurzem unvorstellbare Krieg so schnell wie möglich endet“, so der Appell der Landtagspräsidentin.
 

Kriegsgräberfürsorge als Bestandteil eines Weges zum Frieden

Eröffnet wurde die Gedenkveranstaltung vom Landesvorsitzenden des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Dr. Ekkehard Klug. In seiner Begrüßung betonte er ebenfalls, dass die Hoffnung auf ein friedliches Miteinander der Völker in diesem Jahr jäh enttäuscht wurde, als am 24. Februar der russische Angriffskrieg in der Ukraine begann. Eines Tages, der hoffentlich nicht all zu fern liegt, müsse es aber darum gehen, auch diesem Nachbarn wieder die Hand zu reichen - seinen Menschen, natürlich nicht ihrem verbrecherischen Präsidenten. "Wir sollten uns daran erinnern, dass uns Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg mit seinen vielen Millionen Toten, nach dem Holocaust und anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, ebenfalls wieder die Chance eingeräumt wurde, in das gemeinsame Haus Europa zurückzukehren", sagte Klug, der dann auch noch über einige aktuelle Entwicklungen im Volksbund berichtete und sich für vielfältige Unterstützung und Zusammenarbeit bedankte.

Für die Landesregierung richtete Justiz- und Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken danach ein Grußwort an die Gäste, in dem sie auch auf die juristische Bewertung von Kriegen in der Vergangenheit bis heute einging.

Im Anschluss an die Gedenkrede der Landtagspräsidentin sprachen dann noch Lars-Arne Walter aus Lübeck und Franz-Josef Heckrodt aus Kiel in persönlichen Beiträgen über ihre „Gedanken zum Volkstrauertag“.

Lars-Arne Walter,Lehrer in Lübeck, berichtete insbesondere über den Umgang mit dem Thema in der Schule und seine Erfahrungen aus Gesprächen und Projekten mit Schülerinnen und Schülern. Dabei wies er besonders auf die Bedeutung von authentischen Gedenkorten hin, da die meisten Schüler und auch Eltern heute "keinen familiären Bezug zu den Ereignissen der deutschen Geschichtsschreibung" mehr haben.

Franz-Josef Heckrodt erinnerte in einem sehr emotionalen Beitrag an seinen Vater, der als Soldat im Zweiten Weltkrieg ums Leben kam. Er berichtete von einem Besuch im Sommer 1943, als der Vater unerwartet Fronturlaub bekam und von der letzte Begegnung mit dem Vater an Weihnachten 1943, die ihn und sein Leben geprägt hat und bis heute begleitet.

Das traditionelle Totengedenken, gesprochen von Landtagspräsidentin Kristina Herbst, sowie das "Lied vom guten Kameraden" und die Nationalhymne, gespielt vom Blechbläserquintett des Marinemusikkorps Kiel unter der Leitung von Hauptbootmann Felix Smigaj, beendeten die Gedenkstunde.

Hier finden Sie den Bericht im Schleswig-Holstein-Magazin über die Gedenkstunde
 

Fotos von der Gedenkstunde im Landtag: