Trauer, Erinnerung und Mahnung: Am gestrigen Volkstrauertag fand im Plenarsaal des Landeshauses die gemeinsame Gedenkstunde des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Landesverband Schleswig-Holstein, des Schleswig-Holsteinischen Landtages und der Landesregierung zum Volkstrauertag statt. Trotz auch bei uns steigender Corona-Zahlen nahmen rund 100 Gäste an der Gedenkstunde teil, bei der in diesem Jahr besonders auch des Angriffes auf die Sowjetunion vor 80 Jahren gedacht wurde.
In Vertretung des kurzfristig erkrankten Landesvorsitzenden des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., Ekkehard Klug, eröffnete Landesgeschäftsführer Frank Niemanns die Veranstaltung, der die Teilnehmer begrüßte und allen Beteiligten an Vorbereitung und Durchführung der Gedenkstunde dankte.
Parlamentsvizepräsidentin Kirsten Eickhoff-Weber sprach ein Grußwort und bezeichnete Kriege dabei als eine ewige Mahnung zum Frieden, der nur in der europäischen Einigung begründet liegen könne. „Der Volkstrauertag ist ein Tag des Innehaltens, an dem wir uns all des zerstörten Lebensglücks, des Schmerzes und der Verzweiflung bewusst werden, die die Geißel Krieg für die Menschheit bedeutet, ganz gleich, welcher Nationalität man ist“, betonte Eickhoff-Weber. Der Volkstrauertag sei ein Tag, am dem nicht allein in die Vergangenheit geschaut werden solle, sondern auch in Gegenwart und Zukunft. „Machen wir uns deshalb gerade heute bewusst, wohin es führt, wenn all das Leid des 20. Jahrhunderts in Vergessenheit gerät. Nie wieder dürfen wir es hinnehmen, dass sich Demokratien stillschweigend in autoritäre Regime verwandeln, die Ausgrenzung und Hass predigen – das wäre, wie wir aus der Geschichte wissen, der Anfang einer für Europa und die Welt verhängnisvollen Entwicklung“, appellierte die Landtagsvizepräsidentin. Später sprach sie auch das traditionelle Totengedenken, dessen Text sich nach dem Totengedenken im Bundestag richtet und in den im vergangenen Jahr auch die Opfer von Terrorismus und Extremismus, Antisemitismus und Rassismus aufgenommen wurden.
Die Gedenkrede hielt Oberst Axel Schneider, Kommandeur des Landeskommandos Schleswig-Holstein, der besonders auch auf die Bedeutung von "Erinnerung" für Soldaten hinwies. Weiter stellte er die Frage, wo wir heute stehen, "wenn es um das historische Interesse am oder die historische Einordnung des Volkstrauertages geht?" Dazu benannte er drei "Leitplanken" in der Entwicklung von Gedenken und Volkstrauertag, vom einzelnen "Heldengedächtnis" in den Anfangsjahren der Weimarer Republik über das verordnete und vereinheitliche "Heldengedenken" in der NS-Zeit hin zu einem "Opfergedächtnis" in der Nachkriegszeit.
Mit Blick auf den 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion mahnte Oberst Schneider zum Hinsehen "in den viel zu unbekannten Osten unseres Kontinents". Wir sollten "die Kostbarkeit von Versöhnung, die über den Gräbern gewachsen ist, gegenwärtig haben und begreifen, das aus dem Geschenk der Versöhnung für Deutschland große Verantwortung erwächst." Zur Bedeutung der Arbeit des Volksbundes kam er abschließend noch mal auf die Wichtigkeit von "Erinnerung" zurück und betonte: "Das Risiko ist hoch, dass sich durch Verdrängen, Verschweigen und Vergessen, Fehler der Vergangenheit wiederholen. Wir dürfen die Stimmen von den Millionen Toten und Opfer, derer wir gedenken und ihre Botschaft nicht überhören."
Hauptmann Martin Reimer, Jugendoffizier in Kiel, sprach anschließend über seine "Gedanken zum Volkstrauertag". Dabei war "Dankbarkeit" ein Schlüsselwort, die er in den verschiedenen Generationen seiner Familie genauso erlebte wie bei Gesprächen mit jungen Menschen heute. Sich "Zeit für Dankbarkeit zu nehmen" sei ja vielleicht "eine Antwort auf die Frage was wir alle tun können um das Vergangene zu erinnern und den Frieden zu bewahren – über alle Generationen hinweg."
Musikalisch umrahmt und gestaltet wurde die Veranstaltung durch das Blechbläserquintett des Marinemusikkorps Kiel unter der Leitung von Hauptbootsmann Alexander Albiez.
Die Redebeiträge zum Nachlesen können Sie sich hier ansehen und herunterladen: