Meldungen aus dem Landesverband Schleswig-Holstein
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„Frieden muss von jeder Generation immer wieder aufs Neue gewonnen werden.“

Zentrale Gedenkstunde zum Volkstrauertag in Schleswig-Holstein unter dem Eindruck der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten

Bildungsministerin Karin Prien hielt die Gedenkrede bei der zentralen Gedenkstunde des Landes Schleswig-Holstein zum Volkstrauertag im Plenarsaal des Landtages

Der Landtag, die Landesregierung und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge hatten am Volkstrauertag zur gemeinsamen Gedenkstunde des Landes in den Plenarsaal des Landeshauses eingeladen und der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht.

Der Volkstrauertag sei ein wichtiger Anlass, sich ins Bewusstsein zu rufen, dass Arbeit für den Frieden eine niemals endende Aufgabe sei, sagte Landtagsvizepräsidentin Jette Waldinger-Thiering, die kurzfristig für die wegen einer Erkrankung in der Familie verhinderte Landtagspräsidentin Kristina Herbst "eingesprungen" war, in ihrem Grußwort. „Frieden muss von jeder Generation immer wieder aufs Neue gewonnen werden.“

Diese bittere Erkenntnis habe gegenwärtig eine besondere Aktualität. Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den Überfall palästinensischer Terroristen auf israelische Zivilsten sei der Krieg mit all seiner Grausamkeit sehr eindringlich in das europäische Bewusstsein gerückt. „Viele Jüdinnen und Juden leben wieder in Angst, weil gewaltbereite Extremisten offen antisemitische Hassparolen verbreiten“, sagte die Parlamentsvizepräsidentin. „Das alles ist fast 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine beängstigende Entwicklung, in der wir als Demokratinnen und Demokraten nicht tatenlos bleiben können.“

„Mit dem Volkstrauertag geht ein nicht endender Auftrag an Gesellschaft und Politik einher: Niemals zu vergessen und niemals in den Bemühungen um Aussöhnung und Völkerverständigung nachzulassen.“  Mit diesen Worten nahm Landtagsvizepräsidentin Jette Waldinger-Thiering bei der zentralen Gedenkstunde des Landes zum Volkstrauertag Politik und Gesellschaft in die Pflicht.

Der Volkstrauertag, der immer zwei Sonntage vor dem ersten Advent begangen wird, fordere zu einer Transferleistung auf. Es gehe darum, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen, sie auf das Heute zu übertragen – und die historischen Fehler der gemeinsamen europäischen Geschichte für die Zukunft zu vermeiden. „Es geht um Menschlichkeit und darum, unsere Mitmenschlichkeit zu bewahren – gerade in Zeiten der Krise, der gesellschaftlichen und politischen Umbrüche“, betonte die Parlamentsvizepräsidentin. „Lassen Sie uns gemeinsam nicht müde werden, das, was 1945 in Deutschland und Europa begonnen wurde, das gemeinsame Haus des Friedens, der Freiheit und der Demokratie, weiterzubauen und immer wieder neu mit Leben zu füllen.“

Eröffnet wurde die Gedenkveranstaltung durch den Landesvorsitzenden des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Dr. Ekkehard Klug. In seiner Begrüßung ging er ebenfalls auf den seit fast zwei Jahren andauernden russischen Angriffskrieg in der Ukraine ein, der nach amerikanischen Schätzungen bislang ein halbe Million Tote und Verwundete (auf beiden Seiten) gefordert hat.

Zum aktuellen Geschehen in Nahost sagte er: "Durch den brutalen Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel ist am 7. Oktober zudem ein zweiter Krieg ausgelöst worden, der die Welt in Atem hält. Auch hier ist das Leid der Opfer - in der Folge auf beiden Seiten insbesondere in der Zivilbevölkerung - zu beklagen."
Die Besonderheit dieser beiden Konflikte liegt für ihn darin, dass sich auf Seiten der Angreifer machtpolitisches Kalkül mit einer ideologischen Verhärtung und Radikalität verbindet, wie wir es seit 1945 nicht mehr gesehen haben. "Das erschwert den Zugang zu rationalen Friedenslösungen in erheblichem Maße."
Zudem wies er darauf hin, dass insbesondere der Konflikt in Nahen Osten auch Unfrieden in unser eigenes Land getragen hat. "Menschen jüdischen Glaubens sehen sich heute in Deutschland bedroht und verunsichert wie nie zuvor in der Bundesrepublik. Unser Staat und wir alle sind aufgefordert, ihnen unsere Solidarität zu bekunden, sie zu beschützen und zu verteidigen. Hier darf es keine Kluft zwischen Wort und Tat geben."

Der Volksbund-Landesvorsitzende berichtete weiter über die schwieriger werdende Situation des Volksbundes, der in zunehmenden Maße auf staatliche Unterstützung angewiesen ist - zumal es sich bei der Kriegsgräberfürsorge um eine staatliche Aufgabe handelt, die in den meisten Ländern auch durch
staatliche Stellen wahrgenommen wird. Vor diesem Hintergrund zeigte er sich erfreut, dass es aus dem Deutschen Bundestag Signale gibt, im kommenden Jahr mit einer neuen Entschließung die Bedeutung dieser Aufgabe erneut hervorzuheben.

Die Gedenkrede hielt anschließend Bildungsministerin Karin Prien.

In einem persönlichen Beitrag sprach Larissa Semelka aus Plön über ihre "Gedanken zum Volkstrauertag" und über die Bedeutung der internationalen Jugendarbeit des Volksbundes für die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte und für ein friedliches Miteinander.

Das traditionelle Totengedenken, gesprochen von Landtagsvizepräsidentin Waldinger-Thiering, sowie das "Lied vom guten Kameraden" und die Nationalhymne, gespielt vom Blechbläserquintett des Marinemusikkorps Kiel unter der Leitung von Hauptbootmann Michael Hergert, beendeten die Gedenkstunde.
 

Fotos von der Gedenkstunde im Landtag: