Meldungen aus dem Landesverband Schleswig-Holstein
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Sammlerinnen und Sammler aus Kropp in Berlin und Halbe

Militärhistorische Weiterbildung des Taktischen Luftwaffengeschwaders 51 mit Themenschwerpunkt "Kriegsgräberfürsorge"

Gruppenfoto am Waldfriedhof HALBE Claudia Hoffmann

Vom 24. bis 28. Juli 2023 waren die Teilnehmer/innen an der Haus- und Straßensammlung aus dem Vorjahr zur Militärhistorischen Weiterbildung in und um Berlin aufgerufen worden. Da die Weiterbildungsreise aufgrund nicht ausreichender Beteiligung auszufallen drohte, wurde der Teilnehmerkreis kurzerhand erweitert. Weitere Angehörige des Taktischen Luftwaffengeschwaders 51 “Immelmann“ -vorwiegend aus der Luftbildstaffel- ließen den Teilnehmerkreis, der sich am Mo., den 24.07.2023 um 8 Uhr zum gemeinsamen Frühstück in der Truppenküche in Kropp traf, auf 21 anwachsen. Gut gestärkt ging es auf die knapp sechsstündige Anreise zur Unterkunft in der General-Steinhoff-Kaserne in Berlin-Kladow.

Nach einem “Einlaufgetränk“ und dem Beziehen der Unterkünfte sah der Ablaufplan einen knapp 4 km langen Fußmarsch zur Einnahme der Abendverpflegung direkt an der Havel vor. Nach dem Abendessen und der Erledigung einiger Einkäufe wurden die meisten von uns auf dem Rückweg von heftigen Regenschauern überrascht.

Am 25.07.2023 fuhren wir nach dem Frühstück in der Truppenküche mit dem Bus raus nach Märkisch Buchholz, ca. 4 km östlich von Halbe, an den Rand des Spreewaldes. Bei guter und trockener Witterung empfingen uns Oliver Breithaupt, Geschäftsführer der Kriegsgräberfürsorge für Brandenburg und Hans-Jürgen Oehne, Vorsitzender des dortigen Heimatvereins.

Beide begleiteten uns auf dem seit 2022 vom Volksbund und dem Heimatverein eingerichteten sog. „Dunklen Weg“, rund um den damaligen “Kessel von Märkisch Buchholz“. Der ca. 10 km lange Rundweg ist mit Tafeln mit Zeitzeugenberichten ausgestattet, auf denen persönliche Erlebnisse an den betreffenden Orten zur Zeit des Kessels von Märkisch Buchholz geschildert sind.

"Mit Beginn der letzten sowjetischen Offensive auf Berlin ab dem 16. April 1945 führten die folgenden Kämpfe südostwärts der Reichshauptstadt zur Einkesselung der 9. deutschen Armee und Teilen der 4. Panzerarmee mit mehr als 200.000 Menschen im Raum Märkisch Buchholz / Halbe.

Unter Ihnen befanden sich zudem Zehntausende Zivilisten, die auf der Flucht vor dem Krieg in die Kampfhandlungen gerieten. Ihre genaue Zahl ist bis heute unbekannt.

Am 28. April 1945 versuchten Soldaten und Zivilisten in einem gewaltigen Ausbruch 

Sich mit den Einheiten der 12. Armee bei Beelitz, ca. 60 km westlich, zu vereinen, um gemeinsam in amerikanische Gefangenschaft zu gelangen.

Dieser Ausbruch gelang unter großen Verlusten. Die Schlacht von Halbe ging in die Geschichte ein. Zehntausende verloren ihr Leben, wurden verwundet oder gerieten in sowjetische Gefangenschaft. Letztlich erreichten ca. 25.000 deutsche Soldaten und ca. 5.000 Zivilpersonen nach drei Tagen die sie erwartenden Spitzen der 12. Armee bei Beelitz."

Jede einzelne Tafel berichtete von ergreifenden Schicksalen aus dem Kessel.

Oliver Breithaupt verlas die teils sehr ausführlichen Zeitzeugenberichte, die Hans-Jürgen Oehne mit weiterführenden Informationen ergänzte. Die Ausführungen der beiden sorgten des Öfteren für Stille und große Betroffenheit.

Nach der Wanderung bedankten wir uns bei Herrn Oehne und fuhren weiter nach Halbe in die Räume des Volksbundes. Dort angekommen wurde die Verpflegung durch Lunch-Pakete sichergestellt.

Herr Breithaupt stellte uns in Kurzform die Arbeit des Landesverbandes vor, dessen zentrale Bedeutung in den noch immer stattfindenden Umbettungen Kriegstoter liegt. Er würdigte dabei insbesondere die Arbeit seines Kollegen Joachim Kozlowski. Heute werden jährlich 200 - 300 Umbettungen von Kriegstoten vorgenommen, die u.a. bei Bauarbeiten, Kampfmittelräumungen, Land- und Forstarbeiten sowie auch aufgrund von Zeitzeugenberichten vorgenommen werden müssen.

Ergänzend zu den Ausführungen sahen wir den hauseigenen Film „Die Toten von Halbe“, der bei manchem Gänsehaut auslöste. Dieser Film spannte den Bogen von unserer morgendlichen Begehung des Kessels von Märkisch Buchholz zur Erläuterung der Schlacht von Halbe, zu den vielen Kriegstoten und dem Ende der 1940er beginnenden Engagement Pfarrer Ernst Teichmanns, welches zur Anlage des Waldfriedhofes Halbe führte. Ernst Teichmann wurde 1906 in Jever geboren und verstarb 1983 in Halbe.

Nachdem wir die improvisierte Kapelle mit den bereits in diesem Jahr ausgebetteten Kriegstoten besichtigt hatten, diese werden am 6. Oktober auf dem Waldfriedhof zur letzten Ruhe gebettet, fuhren wir auf den Waldfriedhof Halbe. Dort führte uns Oliver Breithaupt, anknüpfend an die zuvor erhaltenen Informationen, über die Kriegsgräberstätte mit ihren ca. 26.000 Toten.

Die Weihung der Anlage im Jahr 1961 war u.a. die Folge der Zusammenarbeit des Landschaftsarchitekten Walter Funke, des Staudenzüchters Karl Förster sowie der Keramikerin Hedwig Bollhagen. Wir verzichteten auf eine formelle Kranzniederlegung und entschieden uns, still und individuell an den Gräbern den Toten zu gedenken und eine Blume niederzulegen.

Abschließend bedankten wir uns bei Herrn Breithaupt für die äußerst informative Führung und die hoch interessanten Eindrücke, die wir an diesem Tag in Halbe und Umgebung gewinnen durften. Auf dem Rückweg erhielten wir noch die Gelegenheit, ab Bahnhof Südkreuz Berlin auf eigene Faust via ÖPNV zu erkunden. Dies wurde nach dem anstrengenden Tag aber nur vereinzelt in Anspruch genommen.

Am 26.07.2023 besuchten wir den „Wald der Erinnerung“ in der Henning-von-Tresckow-Kaserne in Schwielowsee. Diese Gedenkstätte ist allen Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr gewidmet, die in Auslandseinsätzen oder in Ausübung ihres regulären Dienstes gefallen bzw. ums Leben gekommen sind und ist nicht nur für deren Hinterbliebene und für Bundeswehr-Angehörige sondern für jedermann zugänglich.

Zur Einweisung und Orientierung wurden wir zuerst von Hauptmann Rätzsch durch die Anlage geführt. Beginnend an den Schautafeln am Ausstellungsgebäude führte man uns über den „Weg der Erinnerung“ bis zum „Ort der Stille“. Der „Weg der Erinnerung“ ist gesäumt von Stelen aus erdfarbenen Ziegeln auf denen die Namen der toten Kameraden verewigt sind. Neben vielen der Namen wurden im Laufe der Jahre Coins, Patches oder persönliche Botschaften angehängt. Diesen Weg abzulaufen und die Namen der Toten zu lesen, war für uns alle beklemmend und ergreifend zugleich.

Ein besonderer Moment war, als wir die Stele erreichten auf der der Name unseres viel zu früh von uns gegangenen Kameraden Marco „Hofti“ Hofterheide verewigt ist!

Umso bewegender für alle von uns die „Hofti“ persönlich gekannt und geschätzt haben.

Seit einiger Zeit wird die Gedenkstätte auch durch die Ehrenhaine aus den Einsatzgebieten ergänzt. Das hat vor allem bei den Einsatzgängern innerhalb der Gruppe Erinnerungen hervorgerufen. Ich persönlich habe den Ehrenhain aus dem Camp Marmal in Mazar- e Sharif während meiner Einsätze in Afghanistan mehrfach besucht. Diesen jetzt im „Wald der Erinnerung“ wiederzusehen war schon ein sehr bewegender aber auch ein abschließender Moment für mich.

Die Führung endete am „Ort der Stille“. Dieser Ort trägt seinen Namen zurecht, weil dort jeder von uns ohne vorherige Erklärung im stillen Gedenken verharrte. Nach der Führung hatten wir alle noch Zeit und Gelegenheit, die gesamte Anlage auf eigene Faust zu erkunden und vor allem den eigentlichen „Wald der Erinnerung“ zu besichtigen. Die Angehörigen der Toten haben dort die Möglichkeit, sich einen Baum auszusuchen und diesen mit einer Gedenktafel und persönlichen Erinnerungsstücken zu verzieren.

Als wir beim Durchstreifen des Waldes auf „Hoftis“ Baum stießen, war das für uns alle wieder ein trauriger aber zugleich auch ein schöner Moment.

Abschließend möchten wir allen Kameraden ans Herz legen, den „Wald der Erinnerung“ zu besuchen. Er ist ein schöner und vor allem würdevoller Ort zum Gedenken, ohne Kitsch und Pomp.

Nachdem wir uns für die sehr gute Führung bedankt hatten, verlegten wir zur Einnahme der Mittagverpflegung zurück in die General-Steinhoff-Kaserne. Nach dem Essen hatten wir den Vortrag “Fortschritt und Verbrechen – die Luftwaffe im dritten Reich“ im Militär Historischen Museum am Flugplatz Berlin Gatow gebucht. Der Vortragende wusste einiges von der Geschichte der deutschen Luftwaffe zu berichten. Der Fliegerhorst Gatow wurde im November 1935 als Standort für die Luftkriegsschule 2 und die Luftkriegsakademie eingeweiht. Der Flugplatz erlebte eine sehr wechselvolle Geschichte: Die Besetzung durch die Rote Armee im April 1945, die Übergabe an die Royal Air Force im Juli des selben Jahres, die Berliner Luftbrücke 1948/1949 und mit dem Abzug der Alliierten im Juni 1994 die Einstellung des Flugbetriebs sind nur einige Rahmendaten. Das Museum selber hatte seine Anfänge 1957 auf dem Fliegerhorst Uetersen/Appen mit einer stetig wachsenden Ausstellung, die nach Einstellung des Flugbetriebs in Gatow auf den dortigen Flugplatz verlegt wurde.

Den interessanten Ausführungen folgte eine Zeit zur freien Verfügung bevor wir mit dem Bus zurück in die Unterkunft gefahren wurden.

Eine Wanderung auf dem Mauerstreifen stand am Vormittag des 27. Juli 2023 auf der Agenda. Wir trafen uns mit unserem Guide – ein waschechter Berliner und pensionierter Zöllner – am Nordbahnhof. Er führte uns immer der Bernauer Straße und somit der ehemaligen Berliner Mauer entlang bis zur Kulturbrauerei am U-Bahnhof an der Eberswalder Straße. Die sehr interessante Geschichte vom Mauerbau bis hin zum Mauerfall im November 1989 wechselten sich mit Einblicken in spektakuläre Fluchtversuche ab. Auch der Aufbau der Mauer mit dem sogenannten Todesstreifen und der Hinterlandmauer waren Bestandteil der Führung. Beeindruckend waren vor allem auch die ausgestellten Exponate und Informationstafeln im Verlauf der Wanderung.

Zum Mittagessen hatten wir einen Tisch im fußläufig zu erreichenden Hofbräuhaus am Alexanderplatz bestellt. Nach dem Mittagessen verblieb noch einige Zeit zur freien Verfügung, die zur Erkundung des ehemaligen Zentrum Ost-Berlins rund um den “Alex“ genutzt wurde, bevor uns um 14 Uhr unser Schiff zur abschließenden historischen Stadtrundfahrt auf der Spree aufnahm. Allerhand interessante Architektur nicht nur im Regierungsviertel konnten wir vom Wasser aus bestaunen. Zum Ausklang des Tages hatten wir die Möglichkeit, in der Innenstadt zu verbleiben oder mit dem Bus zurück in die Kaserne zu fahren.

Morgens um 6 trafen wir uns am Abfahrtstag bereits zum Frühstück in der Truppenküche, um nach Abgabe der Unterkünfte noch vor 7 Uhr der General-Steinhoff-Kaserne den Rücken zu kehren. Eine ereignis- und lehrreiche Bildungswoche neigte sich dem Ende. Unser Busfahrer, Stabsfeldwebel Oliver C., sorgte für eine unfallfreie und entspannte Rückkehr nach Kropp.

An dieser Stelle geht nochmal ein ganz herzlicher Dank an die Truppenküche und die ZAW-Betreuungsstelle in der General-Steinhoff-Kaserne für die Bereitstellung von Unterkunft und Verpflegung, an das Team vom Wald der Erinnerung und vom Lw-Museum in Gatow für ihre interessanten Führungen und abschließend insbesondere an die Landesgeschäftsstelle der Kriegsgräberfürsorge für das Land Brandenburg für die hervorragende Ausgestaltung des Tages in Halbe !!!

Bericht: OSF Hansen, Anteil „Wald der Erinnerung“ HF Stuhlemmer