Am Freitag, den 08.07.2022 trafen sich zehn Soldaten und Soldatinnen bei der UHG in Kropp, um voller Vorfreude auf das Kommende die beiden Autos zu beladen, mit denen es zwei Tage später auf die Autobahn Richtung Belgien gehen sollte.
Nach den in der Corona-Krise obligatorischen Covid-19-Selbsttests, einem gemeinsamen Frühstück in der Truppenküche Kropp, sowie einer kurzen Einweisung durch Einsatzführer Stabsfeldwebel Frank Bischof, wurden die meisten von uns in das Wochenende entlassen, da man sich ja bereits zwei Tage später wiedersehen sollte.
Der Sonntag kam und morgens um 7:30 Uhr ging es für einen bunten Haufen aus Angehörigen der Instandsetzungs-, Wartungs-/Waffen-, Nachschub-/Transport-,Luftbild- und der 2. Fliegenden Staffel auf Reisen. Das Ziel? ....Ypern, eine kleine Stadt in Belgien, nahe der französischen Grenze.
Nach ungefähr zehn Stunden mit mehreren Pausen zwischendurch kamen wir um ca. 18:00 Uhr in der Kaserne an, die uns die nächsten sechs Tage beherbergen sollte.
Was wir dort angetroffen hatten, war nicht das Erwartete, aber relativ schnell war klar, dass wir aus den Gegebenheiten das Beste machen werden. So wurden die Stuben bezogen und anschließend von einigen von uns die Stadt erkundigt.
Die Geschichte der Stadt Ypern ist an jeder Ecke zu spüren, und so waren wir allesamt begeistert. Nach der kurzen Erkundungstour hieß es dann aber schon „Ab ins Bett“, da der morgige Tag anstrengend genug werden würde.
Die Wecker klingelten am Montag und nach einem Frühstück in der belgischen Truppenküche verlegten wir direkt zur deutschen Kriegsgräberstätte „Langemark“ in der Nähe von Ypern. Dort erwartete uns ein Friedhof mit insgesamt 44.000 gefallenen Soldaten des Ersten Weltkrieges, die in einem Massengrab, sowie 1.736 Steingräbern begraben wurden.
Die Arbeit, die anfallen sollte, war jedem schnell klar und so ging es die ersten Tage darum, die Steingräber für die zahlreichen Besucher wieder anschaulich zu gestalten. Es wurden die Grabsteine gereinigt, Unkraut gezupft, Hecken geschnitten und die Schrift auf den Steinen erneuert.
Immer wieder kamen die verschiedensten Besucher, die sich an uns wandten und sich für die Arbeit die wir taten bedankten, was unsere Motivation immer wieder steigerte. Unter Ihnen waren auch kanadische Polizisten aus Calgary, sowie ein Offizierlehrgang aus Edinburgh in Schottland. Die am Anfang etwas eingerosteten Englischkenntnisse wurden ausgepackt und Kontakte geknüpft, sowie Patches getauscht.
Umso länger die Woche voran schritt, umso mehr hat man die geleistete Arbeit sehen können, an den Gräbern und an unseren Körpern, so waren Muskelkater und Erschöpfung die ständigen Begleiter der Woche.
Die Freizeit wurde in den unterschiedlichsten Weisen genutzt: Ein paar von uns gingen Ypern erkunden und Souvenirs kaufen, gingen angeln, oder entspannten bei Sport und Spiel (Wikinger-Schach, ein Dank an das Betreuungsbüro Kropp !!!) und einem Feierabendbier. Andere gingen in das Kriegsmuseum „In Flanders Fields“ oder packten einfach bereits ihre Sachen.
Die Eindrücke, die im Kriegsmuseum „In Flanders Fields“ gewonnen wurden, waren geradezu überwältigend. Das Museum befindet sich in einem alten, im Barock-Stil gebauten Gebäude. Auf drei Etagen kann man hier die Geschichte des ersten Weltkrieges, sowie die Schlachten um die Stadt Ypern hautnah miterleben. Beeindruckt und voller Demut kamen alle, die sich das Museum anschauten, zu dem Ergebnis, dass es absolut empfehlenswert ist.
Bei der Besichtigung der Stadt Ypern trafen einige Kameraden auf eine Zeremonie am sogenannten Menentor. Mit dem Acht-Uhr-Schlag wurde das “Last Post“, ein britisches Totensignal, das vergleichbar mit dem Lied “Ich hatt einen Kameraden“ ist, geblasen und eine Formation australischer Soldaten, die einen Sarg mitführten, marschierte ein. Gänsehaut pur war angesagt. Dieser Zapfenstreich findet seit 1928 allabendlich um 20 Uhr statt. An guten Tagen wohnen so einer Zeremonie bis zu 1000 Besucher bei.
Ein tolles Erlebnis hatten dann auch noch drei Kameraden beim Angeln am Ieperle-Kanal. Die erforderliche Erlaubnis hatten sie bei der Post erworben. Es war die richtige Jahreszeit, um sein Glück auf Zander zu versuchen. Nach gut 1,5 Stunden intensiven Angelns, einem Biss und kurzem Zeigens an der Oberfläche waren die Kameraden dann doch noch erfolgreich. Ein Zander von geschätzten 6-7 kg, 85 cm und 13-15 Jahren wurde nach fotografischer Dokumentation aber wieder in die Freiheit entlassen.
Zum Abschluss der Woche wurde am Freitag die Kranzniederlegung durchgeführt, so zollten wir den Gefallenen noch ein letztes Mal unseren Respekt.
Anschließend ging es in einen Nachbarort, zur Besichtigung des Kriegsfriedhofes „Tyne Cot“, einer britischen Grabstätte der Commonwealth War Graves Commission, dort trafen wir unter anderem ein paar bekannte Gesichter aus den letzten Tagen wieder, genauso wie eine Gruppe australischer, sowie neuseeländischer Soldaten und Soldatinnen, die einem verstorbenen Kameraden die letzte Ehre erwiesen.
Um die letzten Tage nochmal Revue passieren zu lassen, ging die komplette Gruppe noch einmal in einem örtlichen Restaurant essen. Anschließend wurde die Gruppe aufgelöst und jeder hatte den Rest des Abends zur freien Verfügung. Einige von uns gingen auf ein Stadtfest, andere in die Kaserne um den Abend beim Kraftsport oder beim gemütlichen Beisammensitzen ausklingen zu lassen.
Am Samstag, den 16.07.2022, ging es mit einer kleinen Verzögerung um 06:45 Uhr zurück auf die Autobahn Richtung Heimat. Leider haben wir den Plan ohne die belgischen Straßenbauer erstellt und so kam es, dass wir uns relativ schnell verfuhren. Nachdem wir wieder auf Kurs waren, passierten wir die Grenzen von Belgien und den Niederlanden, nur um alsbald in Deutschland wieder im Stau zu stehen. So waren wir alle froh als wir nach knapp elf Stunden Fahrzeit in Kropp die Autos wieder ausladen und uns auf den Heimweg machen konnten.
Alles in Allem kann man über den Einsatz in der belgischen Kleinstadt Ypern nur sagen, dass es ein voller Erfolg war.
Jeder Beteiligte hat sein Herzblut und Schweiß für die Pflege der Kriegsgräber gegeben und so seinen Teil zur Respektsbekundung beigetragen. Wir haben alle unfassbar nette Menschen kennengelernt und wenn ein älteres Pärchen während der Kranzniederlegung vor Rührung die ein oder andere Träne vergießt, dann kann unsere Arbeit nicht so verkehrt gewesen sein.
Die einstimmige Meinung der Gruppe war, dass jeder von uns sofort wieder bereit wäre einen Einsatz für den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge mitzumachen. Es war eine unfassbar schöne Erfahrung und es kann nur jedem Soldaten und jeder Soldatin ans Herz gelegt werden, sich bei Gelegenheit in einem solchen Einsatz zu engagieren.
Abschließend ist nochmal die hervorragende Zusammenarbeit mit dem Länderbeauftragten für Belgien, Herrn Ehrenoberst Erik De Muynck, hervorzuheben, der immer ansprechbar war und uns mit Rat und Tat zur Seite stand.
Text: StUffz Kristof Reimer, StFw Frank Bischof
Bilder: Arbeitseinsatzteilnehmer